Am Morgen schneite es, später fing es an zu regnen - graues Schmuddelwetter. Doch sobald wir das Gemeindehaus betreten hatten, war alles Triste vergessen. Warmes Kerzenlicht empfing uns - je eine dicke, rote Kerze im Glas begleitete uns von Stufe zu Stufe bis hinauf zum Saal. Auch der Saal erstrahlte im Licht der roten Kerzen auf weiß gedeckten Tischen mit Tannengrün. Wie alle Jahre wieder vorne links der von Gridle Lange so herrlich geschmückte Christbaum, dessen Kerzen zu Beginn angezündet wurden, und auf der rechten Seite die Krippe, Symbol für christliche Nächstenliebe.
Jörg Klingbeil als Sprecher begrüßte uns und den Flötenkreis der Evangelischen Kirchengemeinde Plattenhardt, der erneut die Feier musikalisch umrahmte.
Eingestimmt wurden wir durch ein Gedicht von Hermann Hesse (»Weihnachten«), das beginnt:
Ich sehn’ mich so nach einem Land
der Ruhe und Geborgenheit ...
Es endet:
...in dem der Mensch zur Lieb bereit,
ich glaub’, da ist Weihnachten nicht weit.
Nach dem Lied »Die Weihnacht gibt uns neues Licht« ging Jörg auf das Thema Licht ein - auch auf das neue Licht, das uns mit Weihnachten geschenkt wird. Er erläuterte, wie die alttestamentarischen Weissagungen zu den Legenden um die Geburt Jesu in den Evangelien beigetragen haben. Darin folgte er Albert Schweitzer, der aber betont hatte, dass die Jünger an Jesus um seiner Worte und Werke willen glaubten, obwohl sie nichts von seiner Geburt wussten; so sollten wir es auch halten. Die Kirchen hätten Jesus eingemauert und man solle Weihnachten dazu nutzen, Jesus zu befreien und ihn das sein lassen, was er nach der Meinung von Albert Schweitzer war: Ein Mensch für Menschen.
Weiter trug Jörg einen 1917 entstandenen Text von Hermann Hesse vor, in dem dieser auf gedankenlose Sentimentalität, Rücksichtslosigkeit, Egoismus und unsere Schuld am Zustand unserer Erde einging; es reiche nicht reicht, einmal im Jahr Gutes zu tun, um das Gewissen zu erleichtern, also quasi ein »Heiligabend-Christentum« zu pflegen. Wir sollten täglich im Sinne Jesu Mensch für Menschen sein.
Passend zu diesem Thema trug Sophia Vollmer eine Geschichte von Gudrun Pausewang vor: »Ob die wohl auch Weihnachten feiern?« Darin geht es um Flüchtlinge, die in der Nachbarschaft der jungen Erzählerin n einem ehemaligen Hotel untergebracht sind. Die Erzählerin beschreibt das ungewohnte Verhalten dieser Menschen und die Vorbehalte mancher Mitbürger, kommt aber zu der Erkenntnis, dass auch wir in einem anderen Land fremd wären und viele der Flüchtlinge in ihren Heimatländern an Hunger gelitten hätten. Schließlich beschließt sie, mit Weihnachtsgutsle hinüberzugehen, auch wenn sie nicht weiß, ob die fremden Nachbarn Weihnachten feiern.
Die Ansprache endete mit einem meditativen Text von Anselm Grün über das Thema Kerzenlicht, der mit folgenden Sätzen endete: »... Seit der Geburt Jesu in die Nacht unserer Welt leuchtet Gottes Licht in jedem menschlichen Antlitz auf. Mögest du in der Adventszeit für viele Menschen zum Licht werden. Dann wirst du wie eine Kerze für sie zu einer Quelle des Lebens und der Liebe.« Zum Schluss beteten wir gemeinsam das Vaterunser und sangen wie alle Jahre wieder das Lied »Stille Nacht«.
Anschließend bekamen die Kinder ihre Geschenke, reichlich bestückte Gutsleteller wurden auf den Tischen verteilt und bei Glühwein und Punsch folgten ein fröhliches Beisammensein und ein reger Gedankenaustausch.
Zu guter Letzt sei allen gedankt, die zum Gelingen der Weihnachtsfeier beigetragen haben, denen, die Gutsle selbst gebacken oder selbst gekauft haben, den fleißigen Helferinnen in der Küche, Jörg für seine Ansprache und ganz besonders Gridle, die, wie alle Jahre wieder, den Baum, den Saal und das Treppenhaus so liebevoll geschmückt hat.