Allen denen aus der Gemeinde, die am 15. Juli nicht an der Abendandacht im neugestalteten Gemeindesaal teilgenommen haben, sei gesagt, dass sie etwas besonders Schönes versäumt haben. Wir erlebten eine Besinnungsstunde, die von Musik, Bildern und Texten geprägt war. Unser Gemeinde-Ältester Wolfgang Blaich hatte alle Beiträge unter das Thema »Verhältnis der Menschen zur Natur« gestellt. Seine Texte von Khalil Gibran und Ulrich Schaffer drückten das Spannungsverhältnis aus, das zwischen der von Gott geschaffenen Natur und der Störung des Gleichgewichtszustandes durch die Eingriffe der Menschen entstanden ist. Wolfgang wies auf die aktuellen Bestrebungen vieler Menschen in sechs Kontinenten hin, die unser Bewusstsein stärken helfen sollen, dass wir Menschen aus den Bausteinen der Natur bestehen und unauflöslich mit der Natur verbunden sind. Ein solches Bewusstsein sei in Religionen, wie zum Beispiel der der Indianer, noch sehr lebendig gewesen, uns inzwischen aber in großem Maße verloren gegangen.
Verdeutlicht wurde die von Gott gegebene Ordnung und die von den Menschen verursachte Unordnung in der Natur in stark bewegenden Ausschnitten eines Films von Francis Ford Coppola, die nicht vom Originalton, sondern von improvisierten Klängen von Stephen Blaich auf unserem Konzertflügel untermalt wurden.
Stephen fungierte neben seinem Vater an diesem Abend und stellte mit seinen Klaviervorträgen und den gemeinsam mit uns einstudierten Liedern einen weiteren Höhepunkt des Abends dar. In unnachahmlich gewandter Weise schöpfte er bei den ausgesuchten Liedvarianten aus seinen vielfältigen Erfahrungen als Bezirkskantor. Der von Wolfgang angesprochene Gegensatz von Ordnung und Unordnung wurde von ihm sogar ins Liedersingen übertragen und ergab erstaunliche Resultate.
Die verhältnismäßig geringe Zahl der Anwesenden hielt Stephen nicht davon ab, mit uns sogar einen Kanon in drei Gruppen zu singen. Auch brachte er uns bei, die »güld'ne Sonne« in einem ganz anderen Tempo zu singen, als wir das bislang gewohnt waren; das Lied gewann dadurch an Charakter. Überhaupt erklang unser Liedersingen für mein Empfinden weit intensiver und bewegter, als bei manch einem Gottesdienst bei größerer Beteiligung.
Die zwei Blaichs hatten also den Beweis für die Vielfalt möglicher gottesdienstlicher Formen angetreten, und wir alle würdigten ihre Impulse durch reichliche Dankes- und Anerkennungsworte am Schluss. Wir wünschen uns noch viele solche anregende Stunden mit ihnen.