Die Warte des Tempels

Monatsschrift für offenes Christentum

Ausgabe 169/5 - Mai 2013

 

 

Pfingsten - Was feiern wir (nicht)? - Brigitte Hoffmann

Weil es tröstet und hilft - Gottfried Lutz

Soviel du brauchst - Peter Lange

Dreieinigkeit im Verstehenshorizont des Hellenismus - Helmut Fischer

Provozierende Feindesliebe - Eva-Maria Lerch

Neues aus dem TGD-Archiv - Peter Lange

Pfingsten - Was feiern wir (nicht)?

Pfingsten kommt von »Pentecoste«, dem griechischen Wort für 50 - es ist der 50. Tag nach Ostern, dem Fest der Auferstehung. 50 ist keine heilige Symbolzahl wie die 40, der Zeitpunkt bzw. Zeitraum stammt aus dem jüdischen Festkalender. Dort gab und gibt es 7 Wochen (49 bis 50 Tage) nach dem Passah das danach benannte Wochenfest. Es war ein Dankfest für die jetzt eingebrachte Weizenernte, und es hat diesen agrarischen Charakter noch bis Ende des 1.Jahrhunderts v.Chr. bewahrt: als Opfer wurden zwei Brote aus dem neuen Mehl dargebracht, am besten im Tempel in Jerusalem. So war es ein, wenn auch weniger wichtiges, Pilgerfest. Das könnte für das christliche Pfingstereignis eine Rolle spielen.

Über dieses Ereignis berichtet nur die Apostelgeschichte. Die Evangelien enden früher, in den Apostelbriefen taucht es nicht auf. Geschrieben ist die Apostelgeschichte von demselben Lukas, von dem auch das Evangelium stammt. Er schrieb diesen Bericht wohl um 90 n.Chr., also ca. 30 Jahre nach dem Tod des Paulus, ca. 20 Jahre nach der Zerstörung des Tempels und der Auflösung der judenchristlichen Jerusalemer Gemeinde, also zu einer Zeit, als die paulinische Idee einer Weltmission zum christlichen Allgemeingut und die erst von Paulus voll einbezogenen Heidenchristen zu den Trägern des Christentums geworden waren.

Lukas kann also kein Augenzeuge der Ereignisse in Jerusalem um 30 n.Chr. gewesen sein, sondern musste sich auf viele verschiedene, z.T. sich widersprechende Überlieferungen stützen und sie - z.T. kunstvoll - zu einem Ganzen verbinden. Das wird gerade am Pfingstbericht deutlich.

Schon an den Voraussetzungen. Nach Matthäus und Johannes gingen die Jünger nach Ostern zunächst nach Galiläa, laut Text auf eine Aufforderung des Auferstandenen hin. Wahrscheinlich eher aus Angst. Dann hätte die Pilgerfahrt zum Wochenfest einen Anlass zur Rückkehr geboten, teils in der Hoffnung, dass sich die Aufregung und damit die Gefahr inzwischen gelegt hätte, und teils, weil sie sicher das dringende Bedürfnis und den Auftrag spürten, das, was sie erlebt hatten, allen zu verkünden.

Nach Lukas sind sie in Jerusalem geblieben, aber - was nicht ausdrücklich gesagt wird - die ganzen 7 Wochen lang nicht öffentlich aufgetreten. Dann, am Wochenfest, am Pfingsttag, setzt der Bericht ein (Apg 2, 1-18). Das ist eine eindrucksvolle, lebendige Schilderung - und für uns viel zu wunderbar, um wahr zu sein. Und das bezieht sich nicht nur auf das übernatürliche Wunder, das uns verdächtig ist, sondern auch auf ganz Banales. Die Jünger sind zunächst in einem Haus (»ein gewaltiger Wind erfüllte das Haus«), dann aber stehen sie vor mehreren tausend Leuten, ohne dass wir von einem Ortswechsel erfahren. Anschließend sollen etwa 3000 getauft worden sein, und da ein Teil ebenso ungläubig blieb wie wir, müssten noch mehr da gewesen sein. Wo sollen die alle so schnell hergekommen sein?

Und selbst wenn wir bereit wären zu akzeptieren, dass in dieser Stunde die 12 ungebildeten Jünger fähig waren, in allen Sprachen der Anwesenden zu reden - wie hätten die Versammelten das erkennen sollen? Sie konnten sich ja in der Masse nicht so schnell verständigen.

Fazit: so kann es nicht gewesen sein. Wie war es aber dann? Denn auf der anderen Seite gilt: etwas Besonderes muss damals geschehen sein, das zeigen die Folgen. Denn mit diesem Ereignis beginnt die öffentliche Mission für die neue Lehre.

Dazu einige geschichtliche und religionssoziologische Aspekte: sicher waren damals zum Wochenfest zahlreiche jüdische Pilger in Jerusalem, nicht mehrere tausend, aber vielleicht einige hundert (Zahlen in der Bibel sind immer mit Vorsicht zu genießen); und sicher kamen viele von ihnen aus der Diaspora. Denn dort, rund um das Mittelmeer, lebten schon damals mehr Juden als in Palästina. Und da die große Zerstreuung schon im 8. Jahrhundert mit den Kriegen gegen Assyrer und dann Babylonier begonnen hatte, lebten sie dort schon seit bis zu 700 Jahren. Und mit ihrer Sprache verhielt es sich wohl so ähnlich wie bei unseren Migranten: die einen beherrschten die Sprache der neuen Heimat besser als die der alten, bei den andern war es umgekehrt, und die meisten verstanden ein paar Brocken von beiden. Das könnte zu einem Teil den Eindruck der Vielsprachigkeit erklären. Wer zum Wochenfest nach Jerusalem kam, war sicher Jude oder »Judengenosse«: Die recht zahlreichen, auch sonst im Neuen Testament genannten »Gottesfürchtigen«, die zwar den Monotheismus und die jüdische Sozialethik übernahmen, nicht aber die vielen Ritualvorschriften des Gesetzes. Echte Nichtjuden gab es wohl nur wenige - Jerusalem war keine Handelsstadt. Dass Lukas so viele Fremdvölker aufzählt, bedeutet wohl, dass er die Weltmission des Christentums, die ihm längst selbstverständlich war, mit diesem Beispiel anschaulich machen wollte.

Wichtiger ist noch etwas anderes: der Vorwurf der Nicht-Überzeugten: »Sie sind voll des süßen Weins«. Das muss nicht eine bloße Schmähung sein. Petrus weist danach zu Recht darauf hin, dass das um 9 Uhr morgens nicht sehr wahrscheinlich sei.

Es liegt die Deutung nahe, dass es sich um Zungenrede handelte: einen Zustand religiöser Ekstase, in dem die Betroffenen unzusammenhängende Laute, Worte, Satzfetzen ausstoßen; sie fühlen sich entrückt, Verstand, Wille und normale Wahrnehmung sind ausgeschaltet. Das hat es immer gegeben und gibt es heute noch. Paulus spricht davon im Korintherbrief als von einer der Geistesgaben, allerdings mit einer gewissen Skepsis: es soll in der Gemeinde nur praktiziert werden, wenn erfahrene Männer da seien, die die Rufe und das Stammeln auslegen könnten, da sonst die Gemeinde keinen Nutzen davon habe. Das Orakel von Delphi funktionierte nach diesem Prinzip: die Seherin fiel in einen solchen Trancezustand, und erfahrene Priester interpretierten ihre Äußerungen. In vielen Negergemeinden in den USA vor 50-100 Jahren und heute noch in den Tausenden von Pfingstgemeinden in Lateinamerika ist eine solche Ekstase für alle oder viele der Teilnehmer der Höhepunkt fast jeden Gottesdienstes; ohne Interpretation, der Sinn liegt in der Entrückung, dem Gefühl der Gottesnähe, das die Betroffenen empfinden.

Die Beispiele zeigen, dass eine solche Ekstase nicht willkürlich, aber unter gewissen Voraussetzungen herbeigeführt wird oder spontan entsteht, und dass sie sich von Einzelnen auf eine kleinere oder größere Gruppe übertragen kann durch Massensuggestion. Die wichtigste dieser Voraussetzungen ist sicher eine gespannte religiöse Erregung und Erwartung.

Diese Voraussetzung war bei den Jüngern zweifellos gegeben. Sie waren erfüllt und begeistert von ihrer Botschaft und gleichzeitig sicherlich auch bis zum Äußersten angespannt von der Hoffnung und vielleicht auch ein bisschen von der Angst, ob es ihnen gelingen werde, ihre Begeisterung auf die Menge vor ihnen zu übertragen. Ekstase und Zungenrede wären also auch eine mögliche Teilerklärung der geschilderten Phänomene.

Den wichtigsten Schlüssel zum Verständnis gibt die anschließende Rede des Petrus. Nachdem er den Verdacht der Trunkenheit abgewehrt hat, fährt er fort (Apg 2, 16-17): »sondern das ist’s, … was durch den Propheten Joel gesagt ist«, »...da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch«.

Das ist der Kern des Pfingstgeschehens: Gottes Geist kommt über die Jünger und durch sie über alle, die sich davon ergreifen lassen. Das ist die Deutung des Lukas und die Deutung der Kirche bis heute. Deshalb erzählt Lukas diese Szene so ausführlich und deshalb ist Pfingsten bis heute ein Fest mit zwei Feiertagen. Es ist sozusagen das Göttliche Siegel auf den Beginn der Mission und damit den Beginn der Kirche. Nebenbei erklärt es wohl auch die beiden wundersamen Details, die uns irritieren: den gewaltigen Wind und die Feuerzungen auf den Köpfen der Jünger. Wind und Feuer sind im Alten Testament Symbole für den Geist Gottes (siehe die Wüstenwanderung und die Elias-Geschichte). Vielleicht will Lukas hier gar nicht etwas Reales schildern, sondern durch die Symbole den Geist anschaulich machen.

Dass der Funke auf viele der Hörer übersprang, ist auch ohne Wunder glaubhaft. Die Anknüpfung an die prophetische Weissagung gab der neuen Botschaft Legitimation, umso mehr, als die Hörer eines der angekündigten Zeichen ja gerade erlebt hatten.

Nebenbei: dieses Prophetenwort könnte Hardegg im Sinn gehabt haben, wenn er die Geistesgaben quasi zum Eintrittsbillett in das Reich Gottes erklärte: »...und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen und eure Jünglinge sollen Gesichte sehen und eure Alten sollen Träume haben«.

Im weiteren Verlauf der Rede schildert und deutet Petrus die Kreuzigung Jesu und das eigentlich Unglaubliche, die Auferweckung vom Tod, als Handeln Gottes, belegt ebenfalls mit Worten aus dem Alten Testament; und er schließt mit dem Siegesruf: »So wisse nun das ganze Haus Israel gewiss, dass Gott diesen Jesus, den ihr gekreuzigt habt, zum Herrn und Christus gemacht hat«. Christus: der Gesalbte, der von Gott Erwählte, der Messias, der Bringer des Gottesreichs.

Der Berichterstatter Lukas fährt mit der Beschreibung der ersten Gemeinde fort (Apg 2, 37-41). Hier zeigt sich ein interessanter Unterschied: bei Petrus geht es eindeutig um das Haus Israel. Nachher heißt es: »denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung, und allen, die fern sind, so viele der Herr, unser Gott, herzurufen wird«. Vielleicht ist die wichtige Petrus-Rede mehr oder weniger wörtlich über zwei Generationen überliefert worden, und Lukas hat sie so übernommen, sie dann aber in dem einen Punkt, den er anders sah, korrigiert: die Verheißung gilt allen.

So viel zum Text. Ich hoffe, es ist deutlich geworden, dass er einen wichtigen Punkt in der Entstehung des Christentums bezeichnet, und auch, dass er mehr ist als eine weitere merkwürdige Wundergeschichte. So oder so ähnlich könnten sich die Dinge abgespielt haben.

Damit ist der Text historisch wichtig. Ist er uns auch religiös wichtig? Wir glauben nicht mehr an ein direktes Eingreifen Gottes in die Geschichte oder in das irdische Geschehen überhaupt. Dann können wir auch nicht an ein Ausgießen des Geistes auf die Jünger glauben, zumindest nicht so, wie es der Text des Lukas und die Tradition es nahe legen, als ein gottgewirktes Wunder zur Beförderung des Christentums.

Wie aber dann? Wir glauben, dass Gott wirkt. Wir sagen: in den Menschen und durch sie. Oder, wie ich es am Anfang versucht habe zu sagen: in der Natur und durch sie. Gott ist Geist, und ein Funke dieses göttlichen Geistes ist in allem Geschaffenen; er steht in Verbindung oder kann in Verbindung stehen mit dem allgegenwärtigen Göttlichen über und um uns. Die einen erleben das intensiv in einer beglückenden Erfahrung des Einsseins; in dem Gefühl einer göttlichen Bewahrung oder eines göttlichen Auftrags; andere vielleicht ungenau im Lächeln eines andern, das uns fröhlich macht, in der Beglückung durch die Schönheit einer Musik, eines Abendrots, einer Blume, in kleinen Erlebnissen, die wir gar nicht immer mit Gott in Verbindung bringen; manche vielleicht auch in einem Leid, das uns aufgeschlossener macht für ein solches Erleben, das sonst im Betrieb des Alltags untergeht. Wie das geschieht und warum jeder es anders erlebt, können wir nicht ergründen. Wir können den Geist Gottes nicht messen und nicht definieren und nicht an einzelnen Ereignissen festmachen. Wir können nur sein Wirken spüren, manchmal intensiv, manchmal nur ein bisschen, und vielleicht umso eher, je mehr wir dafür bereit sind.

Es ist schwierig, von etwas zu reden, was man nicht wissen kann. Mit Bild, Vers und Musik lässt sich oft besser ausdrücken, was mit dem Verstand nicht zu fassen ist. In dem schönen Lied: »Herr, wir bitten, komm und segne uns« hat der Kehrvers die Form einer Bitte, die Strophen haben die eines Auftrages - für mich geben beide zusammen ein Bild vom Wirken des göttlichen Geistes, das uns näher ist als das des Lukas. Der Kehrvers, der durch die Wiederholung herausgehoben ist, bildet die Grundlage: »Lege auf uns deinen Frieden« - den Frieden mit uns selbst, der uns frei macht, uns selbst anzunehmen, weil Gott uns annimmt, und den Frieden, nicht mit der Welt und dem, was uns daran nicht gefällt, zu hadern, sondern danach zu trachten, wo wir etwas daran ein bisschen besser machen können: »Rühr uns an mit deiner Kraft«. Das ist für mich ein wunderbares Bild: der Geist Gottes rührt uns an. Ich sehe dabei das Bild aus Michelangelos Schöpfungszyklus: Gottvater und Adam. Die beiden ausgestreckten Arme berühren sich nicht, nur die Fingerspitzen sind einander ganz nahe, und doch glaubt man zu sehen, zu spüren, wie Leben und Kraft in den Menschen hinüberströmen. Ich denke, das gilt für uns alle. Nicht immer. Wir können uns abwenden, bewusst oder unbewusst. Aber wir können uns immer wieder anrühren lassen und dann vielleicht etwas von der Kraft spüren, die wir brauchen, um wenigstens ein Zipfelchen des Auftrags zu erfüllen.

Brigitte Hoffmann in einem Gottesdienst der Tempelgemeinde Stuttgart am 5. Juni 2011

Weil es tröstet und hilft

Wenn Menschen in Gebeten klagen oder bitten, dann kümmern sie sich herzlich wenig darum, ob es den Gott gibt, auf den sie sich berufen. Sie beten trotzdem.

Wenn das Gebet nach dem lutherischen Katechismus ein Reden des Herzens mit Gott ist, welche Konsequenzen für das Gebet ergeben sich dann aus einem nichtpersonalen Got­tes­bild? Denn das offizielle Glaubensbekenntnis und die Dogmatik oder der Katechismus der Kirche mussten in den letzten Jahren kräftig Federn lassen. Der personale Gott ist für viele Menschen tot.

Lange Zeit galt für zahlreiche Theologen meiner Generation, für die Kriegs- und Nachkriegs­kinder, die Einsicht, nach Auschwitz könne man nicht mehr beten. Das ist genauso wenig richtig oder falsch wie die Gegenfrage, wie man denn um Himmels willen nach Auschwitz und Hiroshima, mit dem Rüstungswahnsinn und der mutwilligen Zerstörung von Gottes Schöpfung und der ganzen Hilflosigkeit angesichts versagender politischer Institutionen leben kann, ohne zu beten.

»Guter Gott, lass uns doch unsere Verantwortung für eine gerechtere Welt wahrnehmen.« Mein Herz und mein Verstand können solche und ähnliche Gebete nicht mitbeten. Im Gegen­teil: Ich ärgere mich darüber. Als ob Gott uns jemals daran gehindert hätte, wirklich Verant­wortliches zu tun! Und statt ihn zu bitten, uns und andere dies und jenes tun oder auch nicht tun zu lassen, sollten wir es doch einfach tun - nicht ohne vorher in einem Gebet oder Gespräch mit Gott oder vernünftigen Freunden zu klären, ob es wohl im Sinne Jesu sei, was wir da vorhaben...

Gottfried Lutz

 

Dieser Artikel ist für die Internetausgabe der »Warte« leider nicht freigegeben. Lesen Sie den vollständigen Artikel in der gedruckten Ausgabe der »Warte« oder in »Publik-Forum«, kri­tisch - christlich - unabhängig, Oberursel, Ausgabe 21/2012, Seite 50.

BIBELWORTE - KURZ BETRACHTET

Soviel du brauchst

Gedanken zum Leitwort des 34. Evangelischen Kirchentages in Hamburg

Der diesjährige Kirchentag Anfang Mai entnimmt sein Leitmotiv dem Bericht in 2. Mose 16,18 über die Wüstenwanderung der Israeliten. Das aus Ägypten aus der Sklaverei geflohene Volk irrt unter Leitung seines Führers Mose durch die Felsenwildnis des Sinai auf der Suche nach Siedlungsland. Kein Wunder, dass die Menschen in dieser kargen Gegend Hunger leiden müssen. Es gehört zu den grundlegenden Glaubenserfahrungen des Judentums, dass in dieser schlimmen Situation ein Wunder der Rettung geschieht, indem »am Abend Wachteln erscheinen und am Morgen Manna daliegt wie weißer Reif auf der Erde«.

Mose ermahnte sein Volk, nur so viel zu sammeln, wie jeder brauche. Offensichtlich sollte niemand einen Nahrungsvorrat anlegen, denn das hätte die anderen benachteiligt, abgesehen von dem möglichen Verderb. Unwillkürlich kommt einem hier die Mahnung Jesu in der Bergpredigt in den Sinn: »Sorgt nicht für den morgigen Tag!« Damit ist sicher nicht eine Sorglosigkeit gemeint, in einen neuen Tag hineinzuleben. Ich denke, dass die Betonung hier auf der Wertschätzung des »täglichen Brotes« liegt, das unser Dasein erst möglich macht. Auch aus dem Mose-Text geht das hervor, nämlich der Dank an Gott für die Lebensgrundlagen, die er seinem Volk gibt, und zwar an jedem Tag.

Das Manna-Brot steht im Grunde für alles, was zu unseren Lebensgrundlagen zählt, die Nahrung genauso wie die Behausung, die Kleidung, die Fürsorge durch andere und die menschliche Würde. Das sind die Dinge, die wir brauchen, obwohl uns das heutige Leben einreden will, wir bräuchten noch viele mehr. Vielleicht kann uns das Kirchentags-Wort zu einer Antwort auf die Frage verhelfen, was wir eigentlich brauchen. Vielleicht verhilft uns das Wort zu einer größeren Bescheidenheit. Zufriedenheit und Glück bescheren uns sicher nicht die vielen »Glücksbringer« und vermeintlichen Annehmlichkeiten der modernen Zeit. Viele Beispiele aus früheren Generationen zeigen uns, dass Menschen auch mit weniger Geld und Besitz glücklich und zufrieden sein können.

Was die Menschen früher uns Heutigen vielfach voraus haben, ist ihr Vertrauen, dass sich immer wieder Wege auftun, die unser Leben lebenswert machen, wenn wir sie beschreiten. Das kann eine »Vorsorge für den morgigen Tag« nicht ersetzen, aber sie uns gelassener in die Tat umsetzen. Dieses Bedürfnis für Vertrauen drückt sich jedes Mal aus, wenn wir im Gottesdienst beten: »Unser tägliches Brot gib uns heute!« Wir wollen jeden Tag darum bitten.

»Es geht um das richtige Maß«, meint eine Hamburger Theologin zum Leitwort, »von dem, was da ist, nehmen die einen viel, die anderen wenig. Das, was zu viel ist, verdirbt. Den Charakter übrigens auch.«

Peter Lange

TRINITÄTSLEHRE: NOCH ZEITGEMÄSS?

Dreieinigkeit im Verstehenshorizont des Hellenismus

Templer pflegen mit der Trinitätslehre kein Problem zu haben - sie nehmen sie nicht zur Kenntnis. Christoph Hoffmann hielt sie für eine Zumutung für die menschliche Vernunft, und wir sind ihm darin problemlos gefolgt. Denn wenn man nicht mit dieser Formel aufgewachsen ist, ist es tatsächlich schwierig, einen Sinn darin zu sehen. Deshalb verstehe ich gut, dass auch verständniswillige Moslems und Juden damit Probleme haben.

Auch der Autor Helmut Fischer lehnt sie für die heutige Verkündigung ab. Er versucht aber zu erklären, wie es zu dieser für uns irrelevanten Formel kam und warum sie zu ihrer Entstehungszeit durchaus einen Sinn hatte. Und ich denke, das könnte auch für manche unserer Leser interessant sein.

Aus Platzgründen mussten wir stark kürzen, und das bedeutet immer eine Vergröberung. Ich hoffe, der Haupt-Gedankengang wird trotzdem klar.

Brigitte Hoffmann

 

Alle Versuche, die Trinitätslehre aus den biblischen Texten herzuleiten, sind zum Scheitern verurteilt, weil es dort noch nicht einmal Spuren fur eine solche Lehre gibt. [...]

Selbst die in diesem Zusammenhang immer wieder strapazierte Taufformel des Matthäusevangeliums enthält keinerlei Erwägungen zu einer Trinität. In der Aufforderung: »Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes« (Mt 28,19) sind wohl Gott, Christus und Geist nebeneinandergestellt, aber in keiner Weise in ihrem Verhältnis zueinander reflektiert. Das gleiche gilt für die Segensformel »Die Gnade des Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen« (2 Kor 13,13). Mit »Gott« ist der eine und einzige Gott gemeint. »Jesus Christus« bezieht sich auf den, der vom Vater gesandt ist und Gottes Wesen offenbar macht. »Heiliger Geist« steht für die Kraft, die als die helfende Gegenwart Gottes erfahren wird. An eine personale Größe ist dabei nicht gedacht [...]

Die Trinitätslehre lässt sich nicht unmittelbar und mit logischer Notwendigkeit aus den neutestamentlichen Ansätzen entwickeln. Es lässt sich hingegen zeigen, welche historischen Umstände und Zufälligkeiten schließlich dazu führten, dass aus biblischen Vorgaben eine Trinitätslehre aufgebaut wurde.

Wer sich im Wettbewerb der Sinnangebote befindet, der muss sich Fragen stellen und sich in Frage stellen lassen; er muss aber auch sich und den Fragern Antworten geben. Der Markt der Religionen war nie so groß wie zur Zeit des Hellenismus, in der das Christentum die Weltbühne betrat. Und er sollte in Europa für fast zwei Jahrtausende nie mehr so groß sein.

Die Christen mussten sich von Hellenisten aller Art fragen lassen: Wer ist eigentlich euer Gott? Wie wisst ihr von ihm? Wer sagt, dass er der einzige Gott ist? Wer Antwort geben wollte, musste sich über sein eigenes Gottesverständnis Rechenschaft geben und sich geistige Klarheit verschaffen. Und die Hellenisten fragten weiter: Wer ist dann euer Jesus? Ihr nennt ihn den Sohn Gottes, den Messias, den Erlöser, einige nennen ihn sogar einen Gott.

 

Die christlichen Gemeinden mussten ihr Bekenntnis zu Gott und zu Christus ihren hellenistisch geprägten Zeitgenossen verständlich vermitteln.

 

Abzusichern war, dass Gott als der Vater zu verstehen ist, so wie ihn auch Jesus verstanden hat. Mit dieser Metapher wird ausgedrückt, dass Christen ihren Gott nicht als abstraktes Prinzip der Weltvernunft oder als ein der Welt fernes Wesen sehen, vielleicht auch noch als ein Wesen unter vielen, sondern dass sie sich einem Gott gegenüber sehen, der ihnen nahe ist, der sie wie ein Vater begleitet, der ihnen aufhilft, wenn sie straucheln, der sie ermutigt, wenn sie mutlos sind, der ihnen Wege zeigt, wo alles ausweglos zu sein scheint. Die Vater-Metapher drückt ein Verhältnis des Vertrauens aus. Mit dieser Metapher bezeugen Christen einen Gott, der nicht Regeln setzt und diese eintreibt, sondern der selbst Liebe ist, der Menschen zur Liebe stark macht und sie auf diesem Wege Regeln des Zusammenlebens finden lässt, wie die Umstände es erfordern [...]

Das Bekenntnis zur Trinität weist mit seinem zweiten Artikel alle Spekulationen über Mittlerwesen zwischen Gott und Menschheit zurück. Die Trinitätslehre nennt Jesus von Nazareth in metaphorischer Rede den Sohn Gottes, und sie bezeugt ihn als den Menschen, durch den das Wesen Gottes als bedingungslose Liebe offenbar und konkret geworden ist. [...]

Schließlich wird auch im dritten ­Artikel mit der Rede vom Heiligen Geist sowohl Bekenntnis wie Abgrenzung zum Ausdruck gebracht. In den altsprachlichen Wörtern für unser Wort »Geist« (gr. pneuma, lat. spiritus), in denen noch das alte hebräische rúah nachklingt, ist noch das Konkrete des Windes und des Lebensodems erhalten. Der Geist ist wie der Lufthauch für den Menschen unverfügbar, er ist selbst Bewegung und bewegt anderes; er ist ungegenständlich. Mit der Bezeichnung »Heiliger Geist« wird gesagt, dass Gott ungegenständlich gegenwärtig ist, dass Menschen bewegt und zu einem neuen Leben gebracht werden und dieses Geschehen nicht durch eigene Geisteskraft bewirken können, sondern als Geschenk erfahren. [...]

[Man kann sagen,] dass das Nachdenken über die Seinsweisen Gottes schon bei der Frage einsetzte, (oder: Das Nachdenken über die Seinsweisen Gottes setzte schon bei der Frage ein,) wie es zu verstehen ist, dass Menschen in der Begegnung mit Jesus von Nazareth die Gegenwart Gottes erfuhren und Jesus den Sohn Gottes nannten und dass Menschen auch nach Jesu Tod der Gegenwart Gottes darin gewiss waren, dass sie vom Geist Jesu erfüllt wurden und in diesem Geist ein neues Leben führen konnten. Das Nachdenken darüber, wie der eine Gott sich in so unterschiedlichen Begegnungen zeigen kann, wurde nötig, als Christen in der hellenistischen Umwelt auf ihren Gott hin befragt wurden. In der hellenistischen Welt genügte es offenbar nicht, mit den Metaphern Schöpfer/Vater, Sohn und Geist auf diesen einen Gott zu ­verweisen. Es musste auch geklärt werden, dass und wie in diesen unterschiedlichen Ebenen der Gotteserfahrung sich der eine und gleiche Gott zeigt. Dazu hätte im jüdischen Kulturkreis die einfache Feststellung genügt, dass es eben der eine und gleiche Gott sei, dessen Wesensmerkmal überall als Liebe kenntlich ist.

Diese Antwort reichte aber in der hellenistischen Welt nicht aus, wo gar nicht nach dem Wirken Gottes am Menschen, sondern nach dem Sein Gottes an sich gefragt wurde. Im alttestamentlich-jüdischen Gottesverständnis, das auch Jesus teilte, geht es stets darum, aus Gott und mit Gott zu leben. In den religiösen und philosophischen Hauptströmungen des Hellenismus geht es hingegen in erster Linie darum, Gottes Sein zu erkennen [...]

In der Nachfolge Platons galt es als ausgemacht, dass die menschliche Vernunft das wahre Sein erfasst und somit auch Gott zu erfassen vermag. Allgemein war man davon überzeugt, dass wir durch unsere menschliche Vernunft an der Weltvernunft teilhaben. Bei diesem Verstehenshintergrund war es nur ein logischer Schritt, dass man die Weisen, in denen sich Gott den Menschen zeigt, zu Aussagen über sein Sein und Wesen hochrechnete. Man sagte: in der Art und Weise, in der Gott sich zeigt, drückt sich sein Sein und Wesen aus. So meinte man, aus den erfahrbaren Seinsweisen Gottes dessen innerstes Sein erkennen zu können. Aus der dreifachen Weise seines Erscheinens erschloss man eine dreifache innergöttliche Seinsstruktur. Die Offenbarungs-Trinität wurde zur Seins-Trinität [...]

Mit der Synode von Konstantinopel 381 war das trinitarische Modell gesamtkirchlich festgeschrieben. Das wird auf der Synode von Chalcedon 451, erweitert durch christologische Klärungen, noch einmal bestätigt und mit folgenden Schlusssätzen zur kirchlichen Norm erhoben:

»Da dies von uns in jeglicher Hinsicht mit aller Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit festgesetzt wurde, beschloss die heilige und ökumenische Synode, dass keiner einen anderen Glauben vortragen, niederschreiben, verfassen oder anders denken und lehren darf [...]«

Mit diesem Satz wird eine einschneidende Zäsur im Glaubensverständnis der Christenheit markiert. Aus dem Glauben an die Leben schaffende Botschaft Jesu ist der Glaube an die von der Kirche festgesetzte Lehre über die göttliche Trinität geworden. Das ist der entscheidende Schritt vom »Glauben der Kirchengemeinschaft« zum »Glauben an die Kirche«. Die Kirche legt jetzt fest, was rechtgläubig ist. Nicht zufällig war das historisch der Zeitpunkt, an dem sich einige regionale Kirchentümer von der Reichskirche lossagten, weil sie den Beschlüssen von Chalcedon nicht zustimmen konnten. Hörten diese Christen damit auf, Christen zu sein? [...] Wo die Kirche Normen für den richtigen Glauben festzulegen begann, da leitete sie das Zeitalter der Konfessionen ein.

Für den christlichen Glauben kann niemals eine Lehre oder ein Dogma verbindlich sein, weil Glaube kein verordneter Inhalt in bestimmter Sprachgestalt ist, sondern das Wagnis eines Lebens aus dem Geist Jesu. Es ist aber sinnvoll und nötig, dass der gelebte Glaube auch auf seine Inhalte hin kritisch reflektiert wird. Das leistet die Theologie. Die Trinitätslehre ist das Ergebnis theologischer Reflexion im Verstehenshorizont und im Begriffsgefüge neuplatonischen Denkens im vierten Jahrhundert. Das war in jener Zeit hilfreich zur Klärung des christlichen Gottesverständnisses im Stimmengewirr der hellenistischen Religionen. Mit der Trinitätslehre wird in der Ebene der Reflexion und angesichts der vielen Gottesverständnisse das Profil des christlichen Gottesverständnisses herausgearbeitet. Dieser zeitbedingte Versuch, den gelebten Christusglauben in der hellenistischen Welt »auf den Begriff« zu bringen, kann aber nicht für alle Zukunft zur verbindlichen Voraussetzung für den christlichen Glauben erhoben werden [...]

Die ehrwürdigste Formel hat aber ihre Funktion verloren, wenn sie nicht mehr den Sinn freigibt, der mit ihr zum Ausdruck gebracht werden sollte. Für Theologen, die die Trinitätsformel zu entschlüsseln verstehen, wird sie ein wichtiges Glaubenszeugnis bleiben. Als Ausdruck christlichen Glaubens in unserer Kultur des 21. Jahrhunderts kann sie kaum mehr gelten. 

Dieser Aufsatz ist ein Auszug aus dem Buch von Helmut Fischer: »Haben Christen drei Götter? Entstehung und Verständnis der Lehre von der Trinität«, wiedergegeben in »Freies Christentum« 1/2013, Theologischer Verlag Zürich, 2008, ISBN 978-3-290-17497-2, 11,80, S. 95-111

Provozierende Feindesliebe

Belgische Christen in der Kritik: Sie geben Kinderschändern Asyl

Dass christliche Nächstenliebe zu einer Provokation für die ganze Gesellschaft wird, ist heute selten geworden. Aber es passiert derzeit in Belgien. Michel Lelievre, ein Komplize des Kinderschänders Marc Dutroux, möchte nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis in einem Kloster leben und hat mehrere Orden mit dieser Bitte angeschrieben. Er folgt damit dem Beispiel von Michelle Martin, der Ex-Frau von Dutroux, die seit August 2012 in einem Klarissenkloster lebt. Die Schwestern hatten ihre Bereitschaft erklärt, die Mittäterin nach verbüßter Haft bei sich aufzunehmen...

Eva-Maria Lerch

 

Dieser Artikel ist für die Internetausgabe der »Warte« leider nicht freigegeben. Lesen Sie den vollständigen Artikel in der gedruckten Ausgabe der »Warte« oder in »Publik-Forum«, kri­tisch - christlich - unabhängig, Oberursel, Ausgabe 3/2013, Seite 11.

Neues aus dem TGD-Archiv

»Hetz-Touren« im Mittelmeer 1895

Wussten Sie, liebe Leser, dass es schon vor 120 Jahren Kreuzfahrten auf dem Mittelmeer gegeben hat? Damals hat die Touristik-Branche unter Anführung des berühmten Reisebüros Cook einen starken Auftrieb durch das Interesse der Amerikaner am Heiligen Land erfahren. Wie die »Orientpost« vom 18. März 1895 in der »Warte des Tempels« berichtet, sind in den ersten Monaten des Jahres drei »Extraschiffe« mit »Touristen« aus Europa und den USA in Jaffa angekommen. Das erste, die »Auguste Victoria« mit ca. 250 Passagieren, lief am 22. Februar ein, wobei die Reisenden mit dem Zug schon nachmittags um 2 Uhr in Jerusalem waren. Am 24. Februar, also zwei Tage später, kehrten sie auch schon wieder nach Jaffa zurück.

Ähnlich kurz müssen wohl auch die Aufenthalte auf den weiteren Häfen im Mittelmeer verlaufen sein. Die »Warte« schreibt: »Während der Rundfahrt im Mittelmeer werden auf den Stationen immer noch Reisende angenommen. Diese Art von Reisen, in ganz kurzer Zeit die wichtigsten Plätze an der Küste des Mittelmeers zu besuchen, ist erst 4-5 Jahre alt, deshalb haben die Reisen auch den treffenden Namen Hetz-Touren erhalten. Die Hetz-Touristen sind in der Tat, wenigstens hier, sehr geplagte Leute: kaum haben sie Zeit, ihr Essen einzunehmen; immer heißt es jalla, jalla (vorwärts, vorwärts). Der Tourist möchte natürlich die kurze Zeit so gut als möglich ausnützen, und so kommt es, dass er immer im Trab gehen muss.«

Für unsere Leser dürfte es noch von Interesse sein, wie lange die Fahrt für die Reisenden von Jaffa nach Jerusalem dauerte: mit der Eisenbahn 3½ bis 4 Stunden, mit der Kutsche 12-15 Stunden. Heute ist das mit dem Pkw eine Affäre von höchstens einer Stunde.

Schützengräben am Karmelberg

Schon seit mehreren Jahren erhalte ich von Michael Gottschalk, einem Einwohner Haifas, immer wieder historische Fotos zugeschickt, meistens solche aus der britischen Mandatszeit. Jüngst erfuhr ich nun durch einen Zeitungsbericht von Nir Hasson, dass Gottschalk alte Schützengräben am Karmelhang von Bewuchs und zur Besichtigung freilegt. In die Verteidigungsstellungen, die 1942 entstanden, war auch Michaels Vater, der Anwalt Dr. Rudolf Gottschalk, einbezogen worden. Alle verfügbaren Arbeitskräfte waren damals aufgerufen, zusammen mit der jüdischen Untergrund-Armee Haganah und britischen Soldaten die Schützengräben auszuheben. Schützengräben am KarmelbergAnlass waren die in Ägypten nach Osten vorstoßenden deutschen Truppen unter General Rommel. Man nahm an, dass die Wehrmacht auch von Norden, von Russland aus, in Richtung Palästina vorstoßen und so eine Zange bilden wolle.

Aus dem kläglichen Versuch, dieser Gefahr durch jüdische Verteidigungsstellungen auf dem Karmelberg zu begegnen, entspann sich der Mythos vom »zweiten Masada«. Der Mythos erhielt zusätzliche Nahrung, als die britische Mandatsmacht es damals ablehnte, jüdische Freiheitskämpfer in ihre Reihen aufzunehmen. Am Karmel ergab sich nun für die im Land lebenden Juden eine Möglichkeit, mit den Briten einträchtig zusammenzuarbeiten.

Der Anwalt Dr. Gottschalk sah bald die militärische Sinnlosigkeit der in den Fels gehauenen Gräben ein und gab mit den Worten seine Arbeit auf: »You can’t defeat the Germans with a hoe!« (Man kann die Deutschen nicht mit einer Hacke besiegen).

»Deutsches Templerdorf in Tel Aviv wird hip«

Die Restaurierungs-Arbeiten an ehemaligen Templerhäusern in der Siedlung Sarona durch die israelische Denkmalschutz-Vereinigung haben in den letzten zwei Jahren in der israelischen und deutschen Presse ein vielfältiges Echo gefunden. Dabei überwiegen sachliche und positiv ausgerichtete Reportagen. So schreibt die »Neckarquelle« von Villingen-Schwenningen: »Im Herzen von Tel Aviv liegt eine grüne Insel, die älter als die Stadt selbst und der Staat Israel ist. Deutsche Templer haben die malerische Sarona-Siedlung, von der 37 historische Häuser überdauert haben, im Jahre 1871 gegründet. Hier soll demnächst ein schicker Kulturpark mit schattigen Bäumen und großen Rasenflächen für die Einwohner Tel Avivs und Touristen aus aller Welt entstehen. In den alten Templerhäusern werden Restaurants, Kunstgalerien, Modeboutiquen und andere Trendgeschäfte eröffnet. Geplant sind 60 bis 70 Geschäfte in den ehemals deutschen Familienhäusern. Die Tel Aviver Stadtverwaltung hofft auf bis zu 50.000 Besucher am Tag.«

Es könnte sein, dass die »Sarona Gardens« im Laufe dieses Sommers eröffnet werden (unvorhergesehene Ereignisse vorbehalten!). Eine ausführlichere Reportage erfolgte am 24. Sep. 2012 bei »Spiegel Online« mit der Überschrift: »Im Herzen von Tel Aviv - Deutsches Dorf wird Freizeitpark«.

Unser Templer-Archiv wird durch das Restaurierungs-Vorhaben seit Längerem stark beansprucht. Immer wieder gibt es Anfragen nach dem früheren Aussehen der Häuser, das wiedererstehen soll. Der Tour Guide Yossi Goldberg sammelt schon jetzt attraktive historische Fotos aus Sarona, die er in vergrößertem Maßstab im neuen Besucher-Zentrum aufhängen möchte. Auch die historisch beschlagenen Templer in Australien werden zur Mitarbeit herangezogen. Die von Helmut Glenk unter Mitarbeit von Horst Blaich und Manfred Häring verfasste Sarona-Chronik »From Sand Dunes to Golden Oranges« ist für die Restauratoren von eminent wichtiger Bedeutung.

Vorträge über die Templer

In den letzten Jahren haben Anfragen von Kirchengemeinden und geschichtlich interessierten Gruppen in und um Stuttgart nach Vorträgen über die Templer zugenommen, was wir sehr positiv registrieren. Soweit wir das bisher beurteilen können, ist in der Bevölkerung eine Aufgeschlossenheit zu spüren, Näheres über unseren Glauben, unser Gemeindeleben und unsere Geschichte zu erfahren. Solchen Aufgaben haben sich bisher hauptsächlich Brigitte Kneher, Brigitte Hoffmann, Karin Klingbeil, Wolfgang Blaich und ich angenommen (teilweise auch mit Bildpräsentationen). Hinzugekommen sind inzwischen noch Eberhard Bitzer und Stephen Blaich. Durch solche Veranstaltungen kann sich die TGD in ihrer Umgebung besser bekannt und verständlich machen. Vor allem wollen wir doch mit anderen Menschen ins Gespräch über Glauben in der Gegenwart kommen.

Peter Lange, Archivleiter

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