Sparen wir uns die diversen Anfahrtsszenarien, die Karin treffend wie folgt zusammenfasste: »Man muss halt eher abfahren«. Die Autobahn Singen ist freitags von Natur aus zähflüssig,
bei Ferienbeginn eindeutig obstipiert.
Irgendwann waren dann trotzdem alle im »Talblick« zum Dinner da. Man höre und staune, es gab sogar bekennende Lauwarm-Esser unter den (dann sicher absichtlich) Spätgekommenen. Jedenfalls waren um 9 Uhr alle satt und wir konnten nebenbei einen herrlichen Sonnenuntergang beobachten, der ein gutes, und - wie sich später herausstellte - zutreffendes Omen für die folgenden zwei Tage war.
Man unterhielt sich, prostete sich zu, verglich die Unterkunft mit früheren und war sich einig: Spitze! Vor allem durch die Tatsache, dass wir den »Talblick« für uns allein hatten. Gegen 23 Uhr nahm die Munterkeit der Kinder langsam ab und man zog sich auf die Zimmer zurück.
In meinem Fall ein 2-Doppelstockbett-Zimmer für zwei. Das Spannbetttuch, normale Matratze gewohnt, ließ sich kaum genügend dehnen, um auf die für ausgewachsene Germanen ausgelegte Matratze zu passen.
Ganz anders die Situation in der »Nasszelle«: dort herrschte gespenstische Enge. Fünfeinhalb Kacheln tief war die Zelle für Tiefspüler, WC-Schüssel und das Gebein des Users. Hatte man die Tür aus Diskretionsgründen geschlossen, war kein Platz mehr für ein geordnetes Niedersetzen: man musste sich plumpsen lassen. Die umgekehrte Situation nach Verrichtung: Kein Raum für den Oberkörper, ein aufstrebendes Gleichgewicht herzustellen. Nur eine schroffe Drehung in Richtung geöffneter Duschwand, verhalf in den Stand.
Samstag, 25.Oktober, 8:30 Uhr: Geburtstagsständchen für unseren Jörg und Gemeindeleiter, in-strumental markant unterstützt von Yanick mit Doppel-Horn.
Das Wetter war wie geschaffen für eine Herbstwanderung. Um 10 machten wir uns auf den Weg zum Tonau-Turm. Das Geburtstagskind führte uns sicher, sodass wir uns ganz auf die Beschaffenheit des Pfads und gelegentlich auch auf die Schönheit der Umgebung konzenentrieren konnten.
Der Wald dampfte im morgendlichen Gegenlicht und reizte zu so mancher Effekt-Aufnahme.
Nach einer guten Stunde standen wir auf der Aussichts-Plattform, 682 m ü.M. Das heißt, wir hatten insgesamt 120 Höhenmeter zurückgelegt. Zur Belohnung gab es je ein Haribo von Rumi. Man konnte weit schauen, sah aber trotzdem nichts Weltbewegendes.
Der Rückweg schien irgendwie länger und rutschiger. Inzwischen aufkommender Appetit, um nicht zu sagen Hunger, befeuerte aber den Abstieg.
Jetzt bewährte sich die umsichtige Planung von Gridle und ihren Helfern: das Essen stand in null Komma nix auf unserer 23-Plätze-Tafel. Maultaschen und Kartoffelsalat erster Klasse.
Am Nachmittag besuchten wir das Bauernfeind-Museum in Sulz. Als Führer hatten wir den früheren Bürgermeister der Stadt und Promoter des Museums. Seine Begeisterung war so grenzenlos, dass Anekdoten bald die Infos überwucherten und das Idiom »Beine in den Bauch stehen« neu definiert werden musste. Bauernfeind war sein Leben lang knapp bei Kasse und wurde - Ironie des Schicksals - inzwischen auf internationalen Auktionen der teuerste deutsche Maler des 19. Jahrhunderts. Entsprechend ist es fast unmöglich, noch an Originale für das Museum zu kommen. Aber Herr Vosseler ist unermüdlicher Optimist und für Überraschungen gut, wie wir jetzt wissen.
Im Schloss-Café Glatt, unserem nächsten Ziel, erwartete uns ein weiteres Highlight: In wohnzimmerartigen Sitzecken, auf verschiedene Ebenen verteilt, konnten wir unsere geschundenen Glieder entlasten und Kaffee und Kuchen bestellen. Flotte Bedienungen waren sofort zur Stelle, die Bestellungen aufzunehmen.
Ihre dirndl-ähnliche Kluft ließ den Blick frei auf - athletische Arme, ein bisschen wie auf dem Oktoberfest, dachte ich. Bei der Lieferung war klar, warum. Wie gevierteilte Formel-eins-Räder kam die Schwarzwälder-Kirsch daher. Mit vielsagenden Blicken machten wir uns dran, die schwarzweißrote Pracht zu verdrücken. Das Wasserschloss ist übrigens das älteste der Art in Süddeutschland - noch ein Superlativ in der Sulzer Bannmeile.
Um 18 Uhr waren wir von der Exkursion zurück. »Mal kurz ausruhen« entpuppte sich bei vielen als Erschöpfungsschlaf. Punkt 7 traf man sich trotzdem wieder. Beim Essen. In Abwandlung der bekannten Sentenz: Ist die Figur erst ruiniert, lässt sich's schlemmen ungeniert.
Der gesellige Abend hatte vier Schwerpunkte: an der Tafel rechts wurde hand-gearbeitet, in der Mitte war die neue Bepflanzung der Templer-Friedhöfe Thema. Links außen hielt Dieter ein Seminar über die Geschichte der Datenverarbeitung von Hollerith bis iPhone und in der Sitzecke waren die Kinder mit Spielen beschäftigt. Die strickenden Nornen, sonst Beherrscher der Stimmung im Saal, waren diesmal ins Geschehen miteingebunden.
Nach diesem erfüllten und wettermäßig überaus glücklichen Tag sanken alle friedlich in die Daunen. Frühstück erst 8:30 Uhr (9:30 SZ), also Ausschlafen!
Am Vormittag der Abfahrt gab es noch drei Möglichkeiten des gemeinschaftlichen Erlebens: in Bergfelden spazieren gehen, in Glatt Minigolf spielen oder zum Atom-Experimentier-Bunker nach Haigerloch fahren. Ich entschied mich für Letzteres.
Der Bunker liegt am Fuße des Schlossberg-Felsens, genau unter der Kirche. Diesem Umstand verdanken wir auch, dass er 45 von den Amis nicht gesprengt wurde. Am beeindruckendsten fand ich die ausgestellte Versuchsanordnung Heisenbergs, die offensichtlich genügend Aussagekraft hatte, um die Atom-Ära zu begründen.
Schlussakkord war das Abschiedsessen in der »Grünen Au« mit allem, was die Bergfelder Cuisine hergab.
Leute, die ihr das gelesen habt: Wir zählen auf euch bei der nächsten Gemeinde-FZ.