Manchmal kommst du irgendwo an und fühlst dich, als ob du gar nicht von zu Hause weggegangen wärst. So erging es Heidi und mir, als wir - im Rahmen des Ältesten-Austauschprogramms - nach dem langen Flug von Australien nach Deutschland schließlich in Degerloch ankamen.
Die erste Veranstaltung, an der wir teilnahmen, war der Tempelgründungstag, der am 18. Juni im schönen Gemeindehaus der TGD begangen wurde. Zu sagen, dass ich Bedenken hatte, wäre eine Untertreibung, denn ich hatte angeboten, beim Saal von Peter Lange mitzumachen - und der war, natürlich, auf Deutsch!
Ich denke, dass jeder weiß, dass meine Muttersprache Englisch ist, mit bruchstückhaftem Palästina-Schwäbisch. Für mich ist Hochdeutsch eine Fremdsprache, so dass ich meinen Teil in den Tagen davor mit Beklemmungen so oft wie möglich laut vorlas, denn die Worte zu denken ist etwas ganz anderes, als sie auszusprechen. Nach viel Gelächter, Witzeleien, Schmeicheleien und Vorsagen von Heidi meinte ich, dass ich meinen Teil einigermaßen kompetent darbieten können würde.
Bald war Sonntag und wir trafen zur angegebenen Stunde mit der Gemeinde zusammen; wir trafen und begrüßten viele, erneuerten alte Freundschaften und schlossen erfreut neue. Von Anfang an - und das vermittelte uns das Heimatgefühl wie in unserer eigenen Gemeinde in Australien - stellte sich jeder mit seinem Vornamen vor und wir waren direkt per "du". Für jemanden, der (wie ich, nicht Heidi!) mit dem "Sie" zu kämpfen hat, war das die größte Erleichterung. Hinzu kam die Wärme und herzliche Aufnahme, die wir erlebten, auch von Menschen, die wir gar nicht kannten.
Der Gottesdienst war anregend und forderte zum Nachdenken auf. Peter sprach über unsere Gemeinde, die bei uns allen durch unsere Zugehörigkeit zur Tempelgesellschaft erzeugt wird; von der Idee, dass wir durch den Bau eines Hauses auf der Grundlage von Jesu Wort und Lehre Verbindungen herstellen, die kulturelle, politische und Generationsunterschiede überbrücken. Für die ersten Templer auf dem Kirschenhardthof war diese Zugehörigkeit der Schlüssel für ihre Begeisterung und Hingabe. Wir wurden mitgerissen von der Musik von Rumi Hornung (Klavier) und Alfred Eissele (Oboe) - ein reiner Genuss!
Weiter ging es mit dem Mittagessen (ein weiterer Grund, sich so zu Hause zu fühlen!), das uns vom Küchenteam (Gridle Lange, Rumi Hornung und Karin Klingbeil) und etlichen Helfern vorgesetzt wurde. Es gab köstliche Speisen wie Kartoffelsalat, "arabischen" Reis, Kusa-, Bedinschan-/ Tomatengemüse, Salat und Gulasch. Und Bier (wobei deutsches mein Lieblings-Bier ist)! Auch die Nachtische mit frischem Obstsalat und mit Waldbeeren waren köstlich!
Es war außerdem die inoffizielle Einweihung des Klubraums im zeiten Stock des Gemeindehauses. Dieser war gerade gründlich renoviert worden und ist jetzt ein wundervoll heller und luftiger Veranstaltungsort mit einem Innenraum in schöner Größe und einer Außenterrasse, wo die Gemeinde zusammenkommen und gemeinsam Zeit verbringen kann.
Dann ging es wieder in den Saal im ersten Stock, wo wir dem faszinierenden Vortrag von Dr. Jakob Eisler über die Ameniten lauschten. Das war eine kleine religiöse Gruppierung, die sich etwa zur selben Zeit gründete wie die Templer und die auch in Kontakt mit Hoffmann und den Templern gewesen war. Die Art und Weise, wie Eisler unabhängige Fäden in einen Strang von logischen und schlüssigen Folgerungen verwob, passte bestens zur Feier des Tempelgründungstages.
Danach hatten wir viel Gelegenheit zum "Schwätzen", dem Austausch der aktuellen Neuigkeiten und schlicht in der TGD-Atmosphäre zu "baden". Das war für uns beide ein außerordentlich erfreuliches Erlebnis. Es folgten Kaffee und Kuchen - köstliche Obstkuchen, gerade, wie wir sie von unseren Müttern und Omas kannten.
Zwei sehr müde Reisende fielen an diesem Abend ins Bett!
Wir hatten das Glück, verschiedene Ausflugs-Angebote zu bekommen; so verbrachten wir einen wunderbaren Tag mit Erich Bollinger auf dem Kirschenhardthof, dem Geburtsort der Tempelgesellschaft und seiner Umgebung und am Tag darauf nahm uns Eberhard Bitzer freundlicherweise mit nach Blaubeuren zum Blautopf.
Unsere letzte offizielle Veranstaltung war die Teilnahme an einer Sitzung des Ältestenkreises außer der Reihe in Brigitte Hoffmanns arabisch anmutender Wohnung. Bei "fingerfood" und erfrischenden Getränken diskutierten wir verschiedene Themen - eine äußerst anregende Sitzung in äußerst anregendem Rahmen!
Was halten wir von unserer Zeit hier unter den Templern in Degerloch?
Wir hatten wirklich wunderbare Begegnungen, die wir in der Gesellschaft von gleichgesinnten Seelen zubrachten. Sie öffneten uns ihre Herzen und ließen uns an ihren Gedanken und Erlebnissen teilhaben. Obwohl es nur eine kurze Zeit war, werden wir lange davon zehren.
Unser besonderer Dank geht an Karin Klingbeil, die Stunden in Gesprächen mit uns zubrachte - auch über die Israelreisen, die die TGD durchführt, und an Peter Lange, ohne den ich wahrscheinlich beim Gottesdienst nicht hätte mitmachen können.